
Best Lecturer Award FS 2025 Interview with RealWWZ
Sie haben eben Ihren fünften Award abgeräumt – erstmal herzliche Gratulation dazu. Damit bauen Sie Ihren Vorsprung zu Prof. Fabian Schär aus und kommen auf der anderen Seite Dr. Thomas Zehrt immer näher. Gibt es unter Ihnen dreien sowas wie eine freundschaftliche Rivalität?
Erstmal ist es eine sehr grosse Anerkennung, einen solchen Award zu bekommen. In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön an euch, dass ihr mir diesen Award im Namen der Studierenden überbringt! Ich finde das wirklich etwas Grossartiges, das mich riesig freut, denn es ist für mich alles andere als selbstverständlich. Zu eurer Frage: Ich denke jeder, der diesen Preis gewinnt, freut sich, da es eine Anerkennung der Leistung und des Engagements durch die Studierenden ist. Ich sehe keine Rivalität, im Gegenteil: Ich freue mich immer für alle Dozierenden, die den Preis gewinnen und nehme das auch von den anderen Fakultätsmitgliedern so wahr. Das Ganze ist also fernab von Rivalität, wenngleich es mich natürlich sehr freut, dass ich dieses Semester den Preis erneut gewinnen durfte.
Ihren ersten Best Lecturer Award gewannen Sie im Frühjahrssemester 2009. Was hat sich seither in den Hörsälen verändert? Im Guten wie im Schlechten.
Veränderung? Das ist eine vielschichtige Frage. Heutzutage muss man sich mehr bemühen, die Studierenden zu begeistern. Das ist meiner Meinung nach immer wichtig gewesen, ist aber in den letzten Jahren mit Covid und all den neuen Tools, die zur Verfügung stehen, anspruchsvoller geworden. Natürlich ist das ein Auftrag, den wir Dozierende gerne annehmen. Auch die Themen, mit denen wir uns befassen, verändern und entwickeln sich weiter. Ich denke die Hörsaalsituation per se hat sich nicht gross verändert. Heute hat man aber andere Erwartungen daran, was der Unterricht vermitteln soll. Das gilt auch für unsere eigene Erwartungshaltung als Dozierende, die Absolvierenden unserer Studiengänge auf die Aussenwelt – die heute anders ist, als noch vor 15 oder 20 Jahren – vorzubereiten. Bei all den Vorteilen, welche die Technologie mit sich bringt, wollen wir die Studierenden befähigen, ihre Kompetenzen zu erweitern, um mit den globalen Herausforderungen und technologischen Veränderungen umgehen zu können. Dazu gehört, sich ein eigenes Denkgerüst, Analysefähigkeit und eine unabhängige Meinung zu erarbeiten. Das hat einen langfristigen Wert.
Um nochmals kurz nachzuhaken: Stichwort Digitalisierung. Schafft diese eher Distanz zu den Studierenden oder überwiegen die positiven Faktoren?
Ich denke die Digitalisierung gestattet in erster Linie eine gesteigerte Effizienz. Wir können Themen strukturierter anpacken und Information schneller verarbeiten. Das hilft auch im Unterricht. Ein grosser Schritt dort war m.E. der Wechsel vom Handschriftlichen hin zu den digitalen Unterlagen. Ich persönlich finde das Handschriftliche fürs Memorisieren von Informationen nach wie vor sehr wichtig, jedoch beobachte ich, dass das zunehmend verschwindet. Allgemein habe ich nicht den Eindruck, dass die Digitalisierung Distanz geschaffen hat, zumal sich dadurch auch neue Formen der Interaktion eröffnen. Die Herausforderung für uns Dozierende besteht jedoch darin, den Studierenden die Relevanz der unterrichteten Themen, Konzepte und Modelle zu verdeutlichen, die auch in Zeiten von KI nach wie vor wichtig sind. Wir versuchen eine Verbindung zu schaffen, die es den Absolvierenden erlaubt, sich später in der Welt zurecht zu finden. Die im Studium erworbenen fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen schaffen eine Grundlage, die sowohl eine universitäre Laufbahn wie eine Tätigkeit in der Praxis oder auch den Weg in den öffentlichen Dienst ermöglicht.
Welche Ihrer Vorlesung geben Sie am liebsten?
Ich habe nicht einen direkten Favoriten, sondern finde das Zusammenspiel interessant. Auf der einen Seite die grossen Veranstaltungen wie Einführung in die Finanzmärkte oder Investitionsrechnung: Hier hat man die Chance, die Studierenden ein erstes Mal abzuholen und fürs Thema zu begeistern, was vielleicht nicht immer gelingt (lacht). Auf der anderen Seite gibt es zum Beispiel kleinere Master-Veranstaltungen, die eine nähere Zusammenarbeit mit den Studierenden erlauben. Dort kennt man oft recht schnell die Namen der Studierenden, was eine gewisse Nähe und grösseres gegenseitiges Commitment schafft als bei einer grossen Bachelor-Veranstaltung. Das ist eine ganz andere Atmosphäre. Ich persönlich mache beides sehr gerne und schätze auch das Ambiente und die Dynamik in den grossen Bachelor-Veranstaltungen. Bei diesen lassen sich mehr Leute erreichen, dadurch wird das Ganze aber etwas weniger interaktiv. Bei den kleineren Veranstaltungen kann man besser auf die Bedürfnisse und Interessen der Studierenden eingehen, Diskussionen entwickeln und einbeziehen, wie die Teilnehmenden denken. Das schafft eine gute Verbindung zwischen dem Lehrinhalt und der Reflexionskompetenz der Studierenden. Es ist spannend zu sehen, wie das Ausgesendete von den Studierenden reflektiert wird.
Haben Sie vielleicht eine neue Vorlesung in Planung?
Es ist ja so, dass sich die Vorlesungen dauernd weiterentwickeln. Etwa letzten Herbst habe ich eine neue Veranstaltung auf Bachelorstufe im Bereich Sustainable Real Estate eingeführt. Das ist ein Kurs, bei dem es wie bei jedem neuen Format sicher noch Weiterentwicklungsmöglichkeiten gibt. Die Nachhaltigkeitsthematik ist auf jeden Fall relevant – sowohl im Bereich der Immobilien, aber auch verbunden mit Finanzthemen. Zum Zweiten haben wir auch letztes Jahr zusammen mit dem Innovation Office zwei neue Veranstaltungen ins Leben gerufen: Fundamentals of Entrepreneurshipim letzten Herbst und Changemakers in Circular Economy and Sustainability im vergangenen Frühling. Im Moment bin ich daher eher in einer Konsolidierungsphase, weil in den letzten Jahren viel Neues entstanden ist.
Sie hatten dieses Jahr Ihr 10-Jahres-Jubiläum als Studiendekan. Was macht ein Studiendekan überhaupt?
Als Studiendekan bin ich u.a. Mitglied der Fakultätsleitung. Zusammen mit dem Dekan und dem Forschungsdekan leiten wir die fakultären Geschäfte. Was in der Fakultätsversammlung zur Entscheidung gebracht wird sowie weitere Geschäfte in der Kompetenz der Fakultätsleitung werden von dieser vorbereitet und umgesetzt. Des Weiteren tragen der Studiendekan und das Team des Studiendekanats die Verantwortung für den Lehrbetrieb. Das beinhaltet die curriculare Planung über sämtliche Lehrveranstaltungen, aber auch die Sicherstellung, dass Studien- und Studierendenordnung im täglichen Lehrbetrieb eingehalten werden. Viele Entscheidungen zur Lehre obliegen dann der Curriculumskommission und diese wird vom Studiendekan – also von mir – geleitet. Weitere Verantwortlichkeiten umfassen das Prüfungswesen, Austauschprogramme, Lehr- und Prüfungsevaluationen sowie Regelungen bei Sabbaticals, also wenn Dozierende ihr Forschungssemester haben. Dazu kommen Zulassungen. Diese haben zugenommen, da wir mittlerweile relativ viele Studierende in spezialisierten Masterstudiengängen haben. Ganz wichtig sind auch Informationsanlässe über das Studium sowie die Begrüssungen zu Semesterbeginn. Unsere Verantwortung reicht von der Bachelor- bis zur Masterstufe. Hinzu kommen noch andere Aufgaben, wie zum Beispiel Gespräche mit Studierenden. Wenn diese Hilfe brauchen, unterstützen wir sie in der Studienberatung, wo wir gemeinsam schauen, wie und in welche Richtung es weitergeht. Eine sehr schöne Aufgabe ist zum Beispiel die Vorbereitung und Durchführung der Diplomfeier, die zweimal im Jahr stattfindet. Neben diesen Themen gibt es zahlreiche weitere Aufgaben, wie etwa der Austausch auf universitärer Ebene und mit anderen Fakultäten. Diese Treffen finden regelmässig, etwa drei Mal pro Semester statt. Und schliesslich gibt es ab und zu auch grössere Projekte wie etwa vor vier Jahren, per Herbstsemester 2021, die Studiengangreform für Bachelor- und Masterprogramme. Dem ging ein mehrjähriger Prozess voraus. Oder der grosse Festanlass im Juni 2023 im Kollegienhaus, den wir als Substitut für die während Covid ausgefallenen Diplomfeiern durchgeführt hatten. Zusammengefasst also liegt bei uns – und damit auch bei mir – die Verantwortung, dass der Lehrbetrieb rund läuft und man von den Themen im Hintergrund möglichst wenig mitbekommt. Unser Anspruch ist es, den Studierenden und den Dozierenden einen Service zu bieten, dass sie sich wohlfühlen und sich auf das Studium bzw. ihre Aufgaben konzentrieren können.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?
Einen typischen Arbeitsalltag gibt es nicht. Ich habe die Herausforderung und zugleich das Privileg, dass jeder Tag bei mir anders strukturiert ist. Die Vorlesungszeiten sind natürlich definiert. Zudem halte ich mir Zeitfenster für die Vorbereitung der Veranstaltungen frei. Die Vorlesungen und deren Vorbereitung sind also Konstanten. Darüber hinaus gibt es täglich jede Menge Themen, auch E-Mails von Studierenden. Das ist auch Teil des Services den wir gegenüber unserer wichtigsten Kundengruppe, den Studierenden, erbringen. Der zweite Teil, der mindestens einen Drittel meiner Arbeitszeit einnimmt, ist die vorher erläuterte Tätigkeit als Studiendekan. Da gibt es saisonale Schwankungen. In der semesterfreien Zeit zum Beispiel mehr Zulassungen, während im Semester Themen der Curriculums- und Lehrplanung im Vordergrund stehen. Meist weiss ich am Morgen noch nicht, was genau auf mich zukommen wird. Ein dritter Punkt, der in den letzten Jahren stärker dazu gekommen ist, ist die Weiterbildung. Wir haben neben den etablierten Programmen im Marketing sowie des CEPS ein MBA Finance Programm zusammen mit der Universität Tilburg aufgebaut sowie ein CAS Programm im Bereich Sustainable Real Estate, welches ich leite. Hinzu kommen öffentliche Veranstaltungen, beispielsweise die Basel Capital Market Days im Rahmen des Center for Innovative Finance (CIF). Meine Tätigkeit ist also sehr divers und äusserst spannend.
Arbeiten Sie gerade an einer spannenden Publikation, zu der Sie uns etwas erzählen mögen?
Ich arbeite zurzeit an einigen Projekten. Eines ist ein Paper zusammen mit Dr. Christophe Volonté zur Governance in Unternehmungen mit Familieneinfluss. Wir stellen uns dort die Frage, wie die Governance funktioniert und wie diese mit der Performance der Firma zusammenhängt. Weiter wird es zum Buch Finanzmärkte bald eine siebte Auflage geben. Das sollte dieses Jahr noch produktiv über meinen Tisch. Ziel ist es auf jeden Fall, dass die Auflage 2026 rausgeht. Dann arbeite ich noch an einem Aufsatz zu Sustainable Real Estate. Das ist etwas, was aus der Lehre und der Forschung zur Nachhaltigkeit entstanden ist.
An der Universität sieht man Sie immer im Anzug. Wo würde man Sie casual gekleidet treffen?
(lacht). Das ist eine interessante Frage. Es gibt mich tatsächlich auch in Jeans. Hemden trage ich aber immer gerne. Ich bin weniger im T-Shirt, aber zumindest die Hose wechselt. Ich fühle mich wohl so, wie ich daherkomme, das ist also keine Verkleidung. Ich finde es schon wichtig, dass man adrett daherkommt, das schuldet man der Zuhörerschaft, wobei die Stile natürlich sehr unterschiedlich sein können, das kann auch casual sein. Aber ja, zurück zur Frage, es gibt den Pascal Gantenbein auch noch in Jeans (lacht).
Sind Sie in einem Akademikerhaushalt aufgewachsen oder der erste Ihrer Familie, der studiert hat?
Kein Akademikerhaushalt. Ich hatte aber die Freiheit und die Unterstützung von zuhause, ans Gymnasium und die Universität gehen zu können und da bin ich sehr dankbar, dass ich das machen konnte. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man diesen Weg gehen kann. Mir hat dieser Weg grossen Spass bereitet.
Was war damals Ihr Lieblingsschulfach und welches konnten Sie am wenigsten leiden?
Ich hatte schon Lieblingsfächer. Bei den Sprachen war es Französisch, was man mir heute nicht mehr anmerken würde (lacht). Und auf der anderen Seite Physik. Das hat auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders viel miteinander zu tun. Ich hatte damals das Lateingymnasium gemacht, wusste dann aber bald, es wird entweder etwas in die technische Richtung – Physik oder Maschinenbau – oder eben Wirtschaft. Mir war klar, ich muss etwas machen, was mich fasziniert, beziehungsweise etwas, bei dem ich Neues dazulernen kann.
Haben Sie ein Zitat, das Ihnen gut gefällt und Sie rezitieren können?
Was mir immer wieder präsent ist, ist carpe diem. Man muss im Leben langfristige Investitionen tätigen und beharrlich verfolgen, zugleich ist es wichtig – soweit es geht – den Moment und den Tag zu erfassen und ergreifen und die Zeit zu nutzen, die man bekommt. Diese geht viel zu schnell um. Was ich daraus zudem mitnehme, ist, dass man die Momente, die man durchlebt, mit einem wachen Geist angeht und auch Konversationen mit Offenheit führt.
Was ist Ihr Lieblingsort in Basel?
Ich finde die Pfalz einen sehr schönen und inspirierenden Ort. Ohnehin gefällt mir die ganze Altstadt um den Münsterplatz sehr gut. Aber insbesondere vorne bei der Pfalz, wo man sehen kann, wie die Stadt zusammenhängt und gewachsen ist und mit dem Blick auf den Rhein als Lebensader sowie auf die Industrie, die Basel gross gemacht hat, ist dies ein sehr wichtiger Ort für mich. Aber natürlich müsste ich eigentlich auch sagen mein Büro (lacht).
Anschliessend folgen einige Fragen, die Sie gerne einfach mit A oder B beantworten können, ohne weiter elaborieren zu müssen. Anzug mit Krawatte oder Anzug ohne Krawatte?
Anzug ohne Krawatte.
Snooze oder Aufstehen?
Aufstehen.
Drinnen oder draussen?
Weiter.
Speziell oder allgemein?
Allgemein.
Ikarus oder Sisyphos?
Ikarus.
Wissen oder googeln?
Wissen.
Fussballspiel oder Oper?
Oper.
Oper oder Ballett?
Oper.
Oper oder Theater?
Theater.
Alt oder neu?
Beides.
Waffel oder Becher?
Waffel.
TV oder Netflix?
TV.
Früh morgens oder spät abends?
Früh morgens.
Anleihen oder Aktien?
Aktien.
Bargeld oder Bitcoin?
Bargeld.
Micro oder Macro?
Auch beides.
Promotion oder Habilitation?
Kommt darauf an.
Neue Zürcher Zeitung oder Finanz und Wirtschaft?
Beide sind gut, schwierige Frage. Im Zweifelsfall NZZ.
Smith oder Ricardo?
(lacht) Das ist fies. Ricardo.
Tschaikowski oder Verdi?
Verdi.
Chopin oder Liszt? 
Chopin.
Linkin Park oder Metallica?
Metallica.
Tinguely oder Giacometti?
Giacometti.
Dürrenmatt oder Frisch?
Frisch.
Bier oder Wein?
Wein.
Wein rot oder weiss?
Rot.
Sicherheit oder Freiheit?
Freiheit.
Ordnung oder Chaos?
Ordnung.
Zeitung ohne Internet oder Internet ohne Zeitung?
(überlegt lange) Zeitung ohne Internet.
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Das Interview führten Aljoscha Zubler und Sandro Studer. Ebendieses fand mündlich statt und wurde aus dem Schweizerdeutschen übersetzt.
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