Newsletter #7 | 15.09.2025
Während sich die regulatorischen Anforderungen in der Praxis und die technologischen Werkzeuge und Tools kontinuierlich verändern, ist die Kernanforderung des Berufsbilds Controlling und Accounting klar: Absolventinnen und Absolventen müssen neugierig, lernfähig und technologieoffen sein sowie die nötigen Basics mitbringen.
Basics sind und bleiben wichtig
Die Grundlage einer Ausbildung im Bereich Accounting und Controlling bleibt auch im digitalen Zeitalter unverändert. Hier sind sich Praxis und Theorie einig. Studierende müssen ein solides Fundament in den klassischen Disziplinen erwerben. Dazu zählen Buchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung sowie die Kenntnis der einschlägigen Rechnungslegungsstandards – vom Obligationenrecht bis zu den internationalen Standards wie IFRS. «Die Regeln und Prinzipien des Rechnungswesens bleiben trotz Digitalisierung relativ stabil», sagt Ulf Schiller, der an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Financial Accounting lehrt. Wer in den Beruf einsteigen möchte – sei es im Corporate Controlling oder in der Wirtschaftsprüfung – muss diese Basics beherrschen, um sich mit komplexen Fragestellungen kritisch auseinander und mit der Entwicklung in der Praxis mithalten zu können. Denn die Praxis verändert sich laufend, wie Manuel Steiner betont. Die universitäre Ausbildung stellt eine ausgezeichnete Basis dar, sagt er. «Doch eine Vorlesung ist nun mal nicht der richtige Ort, um die aktuelle Auslegung der Rechnungslegungsnormen in jedem Detail zu behandeln». Er wünscht sich daher für die Praxis, dass Absolvierende die Bereitschaft mitbringen, on-the-job noch eine Menge dazu zu lernen.
Neue Tools klug einsetzen
Den vielleicht deutlichsten Wandel durch die Digitalisierung sieht Sabine Böckem in der Anwendung neuer Tools und neuer datengestützter Prognose- und Analysemethoden, die sie im Bereich Management Accounting zunehmend in den Unterricht integriert und auch in ihrer Forschung untersucht. Unternehmen verfügen heute über Datenmengen in bislang ungekanntem Umfang, die mit Methoden des Statistical Learning oder Machine Learning analysiert werden können. Oft geht es um ganz klassische Themen, um Fragen wie Budgetierung, Transferpreise oder Anreizsysteme, zu denen neue Tools heute sehr viel bessere Resultate liefern können, als die klassischen Werkzeuge. Ein Beispiel ist die Risikobewertung von Forderungen, für die sie ein datengestütztes Prediction-Modell entwickelt hat, das den klassischen Methoden klar überlegen ist. Die neuen Tools erlauben eine ganz neue Qualität in der Entscheidungsunterstützung, ist Sabine Böckem überzeugt. «Für unsere Studierenden ist das eine grosse Chance», betont sie. «Sie sind die erste Generation, die diese Werkzeuge im Studium kennenlernt und diese Impulse auch in die Praxis tragen kann.» Gleichzeitig sollen Tools nicht einfach nur angewendet, sondern auch kritisch reflektiert werden. «Wer versteht, wie Daten generiert, verarbeitet und modelliert werden, kann ihre Aussagekraft korrekt beurteilen und wenn nötig auch hinterfragen», ist Sabine Böckem überzeugt.
Manuel Steiner ist Senior Manager im Audit bei der KPMG Schweiz, Alumni der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und diplomierter Wirtschaftsprüfer. Er ist Gastdozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz und fungiert als Experte bei Diplomprüfungen bei der EXPERTSuisse.
Neue Unterrichtsmethoden
Im Unterricht wird daher viel Gewicht auf die Förderung von Analysefähigkeit, kritischem Denken und Problemlösungskompetenz gelegt. Das Fachwissen bleibt wichtig, glauben die Professoren, aber Fachwissen allein genügt nicht. Neue Unterrichtsmethoden tragen dieser Überzeugung Rechnung. Auf Bachelorstufe setzt Ulf Schiller inzwischen auf digitale Formate: Lernvideos geben den Studierenden eine flexible Gestaltung ihres Lernprozesses und die Möglichkeit, Inhalte beliebig oft zu wiederholen. Ergänzend dazu finden interaktive Q&A-Sessions, Gruppenarbeiten und die Analyse von Fallstudien statt, die den Transfer in die Praxis fördern. Die klassische Vorlesung tritt etwas in den Hintergrund zugunsten von Präsentationen, interaktiven Übungen und Case Studies. Eine Tendenz, die Manuel Steiner sehr begrüsst. «Absolventinnen und Absolventen, die ihr Fachwissen erfolgreich in der Praxis anwenden können, sind klar im Vorteil.»
Spezialisierung in der Praxis
Parallel zum technologischen Wandel nimmt die Spezialisierung in Accounting und Controlling stetig zu. Während Generalisten mit dem Aufkommen künstlicher Intelligenz (KI) in vielen Bereichen weniger gefragt sind, steigt die Nachfrage nach Experten, die branchenspezifische Besonderheiten verstehen und den Output von KI kritisch hinterfragen können. Insbesondere in der Wirtschaftsprüfung ist die Spezialisierung nach Industrie oder nach erworbenem Fachwissen – etwa Prüfer von Finanzdienstleister, Datenanalyse-Spezialisten oder Prüfer von IT-Systemen – weit verbreitet. «Unternehmen wollen Prüfer, die ihr Geschäft verstehen und deren Analysen dadurch Mehrwert schaffen», sagt Manuel Steiner.
Allerdings wird nicht erwartet, dass Absolventinnen und Absolventen dieses industriespezifische Know-how bereits mitbringen. Die Spezialisierung ist vielmehr ein wichtiges Element der Ausbildung zum diplomierten Wirtschaftsprüfer, die in der Schweiz von EXPERT Suisse angeboten wird. Sie umfasst drei Jahre berufsbegleitende schulische Weiterbildung und ein Praxisjahr. Wer einen entsprechenden Master mitbringt, kann sich freuen: Mit im Master erworbenen 30-ECTS-Punkten im Fachbereich Accounting entfällt das Praxisjahr.
Interview und Text: Dr. Brigitte Guggisberg
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