FV-110 | Mode Choice in Intra-Continental Holiday Travel
Prof. Dr. Beat Hintermann, Jakob Roth
Forschungsgegenstand
Im vorgeschlagenen Projekt untersuchen wir die Verkehrsmittelwahl für innereuropäische Freizeitreisen, um Erkenntnisse zu den Konsequenzen unterschiedlicher verkehrspolitischer Massnahmen zu erlangen. Mittels einer Stated-Preference Umfrage mit einer repräsentativen Schweizer Stichprobe analysieren wir, welchen Einfluss die Reisekosten, die Reisezeit und das Komfortlevel auf die Wahl zwischen (E-)Auto, Zug, Nachtzug und Flugzeug haben. Zusätzlich untersuchen wir für Flugreisen den Einsatz von nachhaltigem Treibstoff und CO2- Kompensation. Mithilfe der geschätzten Parameter ermitteln wir die Auswirkungen einer Subvention von Nachtzügen, einer Flugticketabgabe und der von der EU beschlossenen Sustainable-Aviation-Fuel (SAF) Beimischungsquote.
Problemstellung
Die Renaissance der Nachtzüge, breit etablierte CO2-Kompensationen und die anhaltenden Nachwirkungen der Corona-Pandemie bewirken aktuell einen Umschwung und Unsicherheiten im Verkehrssektor, was auch im politischen Diskurs zu spüren ist. Vor zwei Jahren wurde eine Flugticketlenkungsabgabe in der Schweiz im Rahmen des CO2-Gesetzes knapp abgelehnt. Eine solche Abgabe wird von Umweltverbänden weiterhin gefordert. Ausserdem hat sich die EU dieses Jahr im Rahmen der «ReFuelEU Aviation Initiative» auf obligatorische Quoten von nachhaltigem Treibstoff in Flugkerosin ab 2025 (2%) bis 2050 (70%) geeinigt (Rat der Europäischen Union, 2023). Die Auswirkungen dieser Entwicklungen sind trotz ihrer Aktualität bisher weitgehend unerforscht.
Zielsetzung
In der Studie wollen wir die Folgen der neuen Massnahmen bezüglich Verhaltensänderungen und Wohlfahrtskonsequenzen abschätzen. In einem ersten Schritt untersuchen wir die Haupttreiber der aktuellen Verkehrsmittelwahl. Basierend auf den geschätzten Modellparametern berechnen wir unter anderem Preiselastizitäten sowie die Zahlungsbereitschaft für CO2-kompensierte Flüge, für nachhaltigen Treibstoff, verkürzte Reisezeiten und zusätzlichen Reisekomfort. Für sämtliche Analysen berücksichtigen wir Heterogenitäten bezüglich soziodemografischer Variablen sowie von Werthaltungen. In einem zweiten Schritt analysieren wir die direkten Auswirkungen möglicher regulatorischer Massnahmen und Marktentwicklungen, indem wir Simulationen durchführen. Mittels Nachfrage- und Kreuzpreiselastizitäten schätzen wir den Effekt einer Flugticketabgabe auf die Nachfrage, die Reisemittelwahl und die Marktanteile der einzelnen Verkehrsträger. Um den gesellschaftlichen Effekt neuer Massnahmen besser zu verstehen, berechnen wir die daraus resultierenden Nutzenveränderungen (z.B. einer direkten Preiserhöhung durch eine Flugticketabgabe) und aggregieren sie. In einem letzten Schritt analysieren wir, ob CO2-Kompensationen und SAFTreibstoff als gleichwertige Instrumente zur CO2-Reduktion wahrgenommen werden. Weiter untersuchen wir das Konzept der moralischen Lizenzierung (engl. «Moral Licensing»), um herauszufinden, ob die Möglichkeit der CO2-Kompensation ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit erhöht, den Flug als Reisemittel zu wählen.
Bedeutung und Nutzen
Neue Massnahmen zur Emissionsreduktion im Verkehrssektor werden notwendig sein, um die klimapolitischen Ziele der Schweiz und vieler anderer Länder zu erreichen. Unsere Studie erlaubt wertvolle Einschätzungen zu den Konsequenzen verschiedener solcher Massnahmen und bietet somit eine wissenschaftliche Grundlage für zukünftige verkehrspolitische Vorschläge und Entscheide.