FV-47 | The Effects of Ambiguous Management Statements on Markets

<link de fakultaet professuren gantenbein-pascal-finanzmanagement external-link-new-window internal link in current>Prof. Dr. Pascal Gantenbein, Dr. Reto Forrer, Christoph Winter

Finanzmanagement

 

 

 

Ziele des Projektes:
Das Projekt untersucht, in welchem Grad Aussagen des Managements ein Gefühl von Sicherheit oder Unsicherheit über künftige Entwicklungen suggerieren und inwiefern sich dies auf die Aktienkursentwicklung auswirkt. Dieses Vorgehen hat zwei Gründe: Zum einen spielt die Informationssicherheit eine Schlüsselrolle in der Preisbildung auf den Finanzmärkten. Zum anderen kann Informationssicherheit durch Aussagen des Managements bewusst gesteuert werden. Vor diesem Hintergrund verfolgt das Projekt drei Ziele: 1) Die systematische Messung, ob Aussagen des Managements hohe Sicherheit oder hohe Unsicherheit über künftige Entwicklungen vermitteln. 2) Eine Untersuchung, ob die Reaktion von Aktienkursen auf Aussagen des Managements von der suggerierten Sicherheit bzw. Unsicherheit abhängt. 3) Eine Analyse, ob die erwartete Rendite einer Firma, deren Management über einen längeren Zeitraum hohe Sicherheit suggeriert, von der erwarteten Rendite einer Firma, deren Management über einen längeren Zeitraum hohe Unsicherheit suggeriert, verschieden ist. Die empirischen Ergebnisse validieren zudem Implikationen theoretischer Arbeiten der Autoren über die Preisbildung unter Informationsunsicherheit.

               

Realisierte Schritte:
Ursprünglich war beabsichtigt, Aussagen des Managements aus Transkripten von Interviews in Sekundärquellen wie Thomson Reuters Street Events zu untersuchen. Dank Fortschritten in der Datensammlung eines anderen Forschungsprojektes war es mit einem gewissen Zusatzaufwand möglich, ein umfassenderes Daten-Sample aus Primärquellen zu erstellen. Dieses erweiterte Sample enthält Management-Aussagen der gesamten pressemeldungsbasierten Kommunikation kotierter Schweizer Unternehmen für einen Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2016. Durch eine Web-Recherche wurden für ca. 95% der aktuell im SPI enthaltenen Firmen alle publizierten Pressemitteilungen gesammelt und alle deutschen Pressemitteilungen maschinell in Englisch übersetzt (ca. 10% der Pressemittelungen). Zusätzlich wurden Aktienkurs- und Fundamentaldaten für das gesamte Sample aufbereitet und die für die Analyse benötigten Kontrollvariablen sowie die preisbildenden Risikofaktoren für den Schweizer Markt berechnet.

Aus den gesammelten Pressemitteilungen wurden Aussagen des Managements, die die Form direkter Zitate haben, maschinell extrahiert. Die systematische Messung der suggerierten Sicherheit und Unsicherheit basiert auf zwei Wortverzeichnissen, die jeweils ein Teil der wissenschaftlich anerkannten „Harvard IV-4 dictionaries“ und „Lasswell value dictionaries“ sind. Die beiden gewählten Wortverzeichnisse sind komplementär und beinhalten 175 Wörter, welche ein Gefühl von Gewissheit, Sicherheit und Bestimmtheit vermitteln und 132 Wörter, welche ein Gefühl von Ungewissheit, Zweifel und Unbestimmtheit vermitteln. Alle Wörter wurden als reguläre Ausdrücke aufbereitet. Jede Aussage des Managements wurde anschliessend einzeln daraufhin geprüft, welche Wörter der beiden Wortverzeichnisse darin enthalten sind. Zu diesem Zweck wurde beispielsweise, das Verb „confirm“ als \b(?i:confirm(?:s|ing|ed)?)\b notiert. Ein Programm, welches reguläre Ausdrücke versteht, kann dadurch das Vorkommen des Infinitivs „confirm“, sowie auch von „confirms“, „confirming“ und „confirmed“ in einem Text prüfen. Das Substantiv „confirmation“, das in diesem Fall nicht Teil des Wortverzeichnisses ist, wird dagegen ausgeschlossen. Für jede Aussage des Managements wurden folgende Statistiken ermittelt: 1) Die Anzahl Wörter der Kategorie „Sicherheit“, 2) die Anzahl Wörter der Kategorie „Unsicherheit“ und 3) die gesamte Anzahl Wörter. Letztere dient der Standardisierung, um die Textlänge einer Aussage zu berücksichtigen.

 

Ergebnisse:
In einem ersten Schritt wurde mittels einer Event Studie untersucht, ob der Preisanpassungsprozess von Aktien nach der Publikation einer Aussage des Managements durch die darin suggerierte Sicherheit oder Unsicherheit beeinflusst wird. Das Ergebnis zeigt, dass sich der Preisanpassungsprozess mit einer anteilsmässigen Zunahme der Wörter, welche Sicherheit suggerieren, verlängert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Preisanpassung des Ankündigungstages in den beiden darauffolgenden Tagen teilweise wieder revidiert wird und erst nach dem dritten Tag vollständig abgeschlossen ist. Dieser Effekt ist umso stärker, je höher der Anteil der Wörter ist, welche Sicherheit suggerieren.

Das beobachtete Muster ist in der Literatur als ein Beispiel eines Mispricing bekannt und wird als Reversal bezeichnet. Es entsteht aufgrund einer ineffizienten Informationsverarbeitung und entspricht einer anfänglichen Überreaktion (nach unten oder oben) an den Märkten, die anschliessend durch eine Gegenreaktion korrigiert wird. Gleichzeitig zeigt unsere Untersuchung, dass eine anteilsmässige Zunahme der Wörter, welche Unsicherheit suggerieren, ebenfalls mit einer verzögerten Preisanpassung über drei Tage einhergeht. Konkret setzt sich die Preisanpassung des Ankündigungstages in den beiden darauffolgenden Tagen in gleicher Richtung fort. Dieser Effekt ist umso stärker, je höher der Anteil der Wörter ist, welche Unsicherheit suggerieren. Das beobachtete Muster ist in der Literatur ebenfalls als Beispiel eines Mispricing bekannt und wird als Momentum bezeichnet. Es entsteht aufgrund einer ineffizienten Informationsverarbeitung und einer anfänglichen Unterreaktion (nach unten oder oben) an den Märkten, die anschliessend durch eine zusätzliche Preisreaktion in die gleiche Richtung korrigiert wird.

Eine mögliche behavioristische Interpretation der empirischen Ergebnisse besteht darin, dass die Investoren die suggerierte Sicherheit bzw. Unsicherheit im ersten Moment fälschlicherweise als fundamentale Information einstufen. Mit anderen Worten, das Management „verrauscht“ durch seine gefühlsbezogenen Aussagen ein Signal, und die Investoren können dieses Rauschen nicht von der fundamentalen Information trennen. In diesem Fall stufen sie ein Signal mit viel suggerierter Sicherheit als sicherer ein. Dies führt zu einer grösseren Preisanpassung, weil die Investoren glauben, die künftige Entwicklung gut einschätzen zu können. Ein Signal mit viel suggerierter Unsicherheit wird dagegen als vergleichsweise unsicher eingestuft. Dies führt zu einer vorsichtigeren und somit kleineren Preisanpassung, da die Investoren glauben, die künftige Entwicklung sei mit grösserer Unsicherheit behaftet.

Mit etwas Zeitverzögerung erkennen die Investoren, dass ihre anfängliche Interpretation des Signals und die Einstufung der suggerierten Sicherheit bzw. Unsicherheit als fundamentale Information nicht richtig waren. Dies führt zu erneuten Preisanpassungen, welche die beobachteten Muster hervorbringen. Im Falle des Signals mit viel suggerierter Sicherheit war die anfängliche Preisanpassung zu gross. Die Anpassung hätte demzufolge etwas vorsichtiger und somit kleiner ausfallen müssen, was zu einer Korrektur der anfänglichen Anpassung führt (Reversal). Im Falle des Signals mit viel suggerierter Unsicherheit war die ursprüngliche Preisanpassung zu klein und hätte etwas grösser ausfallen müssen. Dies führt zu einer zusätzlichen Reaktion in die gleiche Richtung der anfänglichen Anpassung (Momentum). Vor dem Hintergrund einer behavioristischen Interpretation ist dem Management hinsichtlich einer effizienten Informationsverarbeitung zu empfehlen, auf suggerierte Sicherheit und Unsicherheit zu verzichten. Dadurch können sowohl Mispricing als auch die Volatilität der Aktie verringert werden.

Eine zweite mögliche Interpretation basiert auf theoretischen Arbeiten über Preisanpassungen unter Informationsunsicherheit und setzt keine systematischen Entscheidungsfehler durch die Investoren voraus. In diesem Kontext verhalten sich die Investoren rational. Sie sind jedoch mit dem Problem konfrontiert, dass es Signale mit hoher und Signale mit tiefer fundamentaler Unsicherheit gibt. Unter der Annahme, dass es nicht allen Investoren gleich gut gelingt, zwischen sicheren und unsicheren Signalen zu unterscheiden, lässt sich theoretisch zeigen, dass Signale mit hoher fundamentaler Unsicherheit zu Reversal und Signale mit tiefer fundamentaler Unsicherheit zu Momentum führen.

Das erste Muster beobachten wir in unserer Event Studie bei viel suggerierter Sicherheit, während das zweite bei viel suggerierter Unsicherheit auftritt. Dies würde bedeuten, dass das Management dazu neigt, Sicherheit zu suggerieren, wenn die Information fundamental unsicherer ist und Unsicherheit zu suggerieren, wenn die Information fundamental sicherer ist. Wir prüfen dieses Verhalten durch eine zusätzliche empirische Analyse. Dazu konstruieren wir zwei rollierende Portfolios. Das erste Portfolio besteht in jedem Monat aus den Firmen, welche über die letzten 12 Monate am meisten Sicherheit sowie am wenigsten Unsicherheit suggeriert haben. Das zweite Portfolio besteht in jedem Monat aus den Firmen, welche über die letzten 12 Monate am meisten Unsicherheit sowie am wenigsten Sicherheit suggeriert haben. Beide Portfolios werden monatlich neu gebildet und jeweils für den darauffolgenden Monat gehalten.

Im Ergebnis zeigt sich nach Berücksichtigung der üblichen Risikofaktoren (Markt, Grösse, Verhältnis von Buchwert zu Marktwert und Gewinn bzw. Verlust der letzten 12 Monate) folgendes Muster: Das erste Portfolio bestehend aus den Firmen, welche am meisten Sicherheit und am wenigsten Unsicherheit suggeriert haben, weist eine signifikant höhere erwartete Rendite auf als das zweite Portfolio bestehend aus den Firmen, welche am wenigsten Sicherheit und am meisten Unsicherheit suggeriert haben. In der Asset Pricing Theorie ist die erwartete Rendite eine positiv monoton steigende Funktion des Risikos. Daraus folgt, dass das erste Portfolio ein höheres Investitionsrisiko aufweist. Das Management neigt demzufolge dazu, eher dann hohe Sicherheit zu suggerieren, wenn eine Information fundamental unsicherer ist und vice versa.

Indem das Management durch gefühlsbezogene Aussagen ein Signal zusätzlich „verrauscht“, könnte es für gewisse Investorengruppen nun schwierig sein, Signale mit hoher und mit tiefer fundamentaler Unsicherheit zu unterscheiden. Als Folge davon entstünden die empirisch beobachteten Muster von Mispricing und zwar selbst dann, wenn sich die Investoren rational verhalten. In diesem Fall ist dem Management im Sinne einer effizienten Informationsverarbeitung zu empfehlen, auf suggerierte Sicherheit und Unsicherheit zu verzichten. Wie schon bei der behavioristischen Interpretation liessen sich dadurch Mispricing und die Volatilität der Aktie verringern. Es ist anzufügen, dass das Suggerieren von Sicherheit und Unsicherheit nicht notwendigerweise allein dafür verantwortlich ist, dass gewisse Investorengruppen Schwierigkeiten haben, Signale mit hoher und mit tiefer fundamentaler Unsicherheit auseinanderzuhalten. Wir halten es jedoch für plausibel, dass dadurch die Trennung von sicheren und unsicheren Signalen zusätzlich erschwert wird.

 

Publikationen:
Zum Abschluss des Projekts soll bis zum Sommer resp. Ende Jahr ein Diskussionspapier publiziert werden.

 

Präsentationen und Konferenzen:
Bisher keine.