FV-56 | Effektive Transfers bei Umverteilung: Einsichten aus der individuellen Verbilligung der Krankenkassenprämien in den Kantonen der Schweiz
<link de fakultaet professuren stutzer-alois-politische-oekonomie external-link-new-window internal link in current>Prof. Dr. Alois Stutzer, Nicolas Schreiner
Politische Ökonomie
Forschungsgegenstand
Unser generelles Interesse gilt der Frage, wie Transfers zur Umverteilung
ausgestaltet sein sollten? Umverteilung ist effektiv, wenn sie die formulierten
Verteilungsziele erreicht, geringe verzerrende Verhaltensanreize schafft, jene
Bedürftigen erreicht, die erreicht werden möchten, und bei allen Beteiligten
geringe Transaktionskosten verursacht. Mit welcher Form von Transfer (Geldoder
Sachtransfer) und mit welcher Ausgestaltung des Beantragungs- und
Auszahlungssystems dieses Ziel am besten erreicht werden kann, ist auch nach
Jahren der Erfahrung und Forschung eine wiederkehrende Frage. In der Schweiz
stellt sie sich unter anderem bei der Subjektunterstützung in der
Krankenversicherung. Seit Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG)
1996 sind schweizweit sämtliche Kantone verpflichtet, Individuen in bescheidenen
wirtschaftlichen Verhältnissen in der obligatorischen Grundversicherung mittels
individueller Prämienverbilligungen (IPV) finanziell zu unterstützen. Bei der Ausgestaltung
der prozeduralen Regeln der IPV besitzen die Kantone jedoch grosse
Freiheit. So konnten die Kantone u.a. frei wählen, ob sie die Subventionsbeiträge
als Geldtransfer an die IPV-Bezüger auszahlen, oder als Sachtransfer direkt an die
jeweilige Krankenkasse des Versicherten überweisen. Bei der Revision des KVG
2012 vereinheitlichte das Parlament die Auszahlungssysteme der IPV und schrieb
neu allen Kantonen vor, ab 2014 die IPV-Beiträge direkt an die Krankenkassen zu
zahlen.
Daraus ergibt sich die spezifische Forschungsfrage, ob mit der harmonisierten
Auszahlung der IPV an die Versicherungen die Zahlungsrückstände der
Versicherten zurückgegangen sind.
Problemstellung / Zielsetzung
Der Fokus des Forschungsprojektes liegt auf der empirischen Untersuchung der
Auswirkungen unterschiedlicher Beantragungs- und Auszahlungsformen von
staatlichen Transfers im Kontext der IPV. Dabei hat die Auszahlungsreform in der
IPV von 2014 und die Folgen für die finanzielle Situation der subventionierten
Individuen höchste Priorität innerhalb des Projektes. Auf der Grundlage von
Individualdaten möchten wir genauer analysieren, wie sich die Probleme in
Zusammenhang mit der Zahlung von Krankenkassenprämien durch die Reform
verändert haben. Zudem planen wir neu auch kantonale „Mikroprozesse“ in der
IPV, wie dem genauen Auszahlungszeitpunkt der Subvention, und deren Einfluss
relativ zu der kantonalen Grosszügigkeit bei der Höhe der IPV auf das Verhalten
der IPV-Empfänger zu untersuchen.
Erste realisierte Schritte
Die Aufbereitung des Datensatzes zur institutionellen Ausgestaltung der IPV in
den Kantonen der Schweiz konnte abgeschlossen werden. Die aggregierten Daten
zum Zahlungsverhalten der Kunden einer grossen Schweizer Krankenkasse
wurden von uns aufbereitet und für eine erste Analyse der Auswirkungen der
Reform des Auszahlungssystems der IPV verwendet. Diese Analyse deutet darauf
hin, dass die Harmonisierung nicht zu weniger Zahlungsrückständen geführt hat.
Für ein besseres Verständnis der genauen Treiber dieser ersten Ergebnisse sind