Herausforderung Computerkommunikation - eine konstruktivistische Perspektive auf organisationale Kommunikation im Kontext Neuer Medien

Jens O. Meissner

 

Inwieweit verändern sich Kooperationsbeziehungen in Organisationen durch den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien wie E-Mail, Video- und Webkonferenzen? Ein Forschungsprojekt "Sozialkapital digital?" am WWZ der Universität Basel spürte dieser Frage nach. Im Kern ging es um die Beziehungsqualitäten in stark vernetzten Schweizerischen Unternehmen. Hierfür wurden in einer Interviewstudie die Beziehungsqualitäten zwischen Kommunikationsteilnehmern untersucht. Dabei fiel auf, dass der Zusammenhang von Sozialkapital und Mediennutzung in Unternehmen komplizierter ist, als bisher in der Literatur dargestellt wurde.
Ausgehend von der Theorie des organisationalen Sozialkapitals beschreibt der Autor die typischen Qualitäten zwischenmenschlicher Beziehungen bei der Computerkommunikation in Unternehmen. Es zeigt sich, dass der Einsatz Neuer Medien vorerst zwar Unverbindlichkeit, gegenseitige Abwertung und Informationsflut fördert. Diese negativen Effekte sind jedoch kompensierbar, wenn die Kommunikation personalisiert wird - wenn sich also die Beteiligten ihr Gegenüber konkret vorstellen können. Kooperationsförderliche Beziehungsqualitäten entstehen nur, wenn Personalisierungsprozesse und Kommunikationsverhalten sich gleichermassen weiterentwickeln. Ist die personalisierte Kommunikation zwischen den Partnern aufgebaut, so können Beziehungen auch über die Computermedien gut gehandhabt werden. Effizientere Computerkommunikation erfordert also ein Mehr an persönlichem Bezug. Erst dann birgt Computerkommunikation das Potenzial, nützliche, nachhaltige und einzigartige Kooperationsvorteile zu erzeugen. Diese Erkenntnis erklärt, weshalb die direkte Face-to-face-Kommunikation in Unternehmen heute nach wie vor unverzichtbar ist und auch in Zukunft sein wird. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass zur Entfaltung organisationalen Sozialkapitals die persönliche Beziehungsbildung nicht ignoriert darf. Vielmehr schaffen zusätzliche Anlässe zum Auf- und Ausbau persönlicher Beziehungen die Grundlage für die effiziente Kommunikation. Die Herausforderung Computerkommunikation besteht eben darin, das bestehende Beziehungsgeflecht nicht den Effizienzversprechen der technischen Machbarkeit zu opfern, sondern das Medienverhalten mit den Beziehungen im Unternehmen abzustimmen.
Der Autor zeigt erfolgreiche Strategien zur Bewältigung der Herausforderung auf, durch die Organisationsmitglieder die gegenseitige Verständigung in ihrer teilweise realen, teilweise virtuellen Kooperationswelt nachhaltig sichern. Aus diesen Erkenntnissen entwickelt er das Modell der "relationalen Medienwahl".

Anzahl Seiten | 216
Abteilung/Forschungsstelle | Organisation und Führung
Jahr | 2007
Preis | EUR 22.-
Bezugsquelle | Carl Auer Verlag | ISBN 978-3-89670-385-9