FV-76 | Auswirkungen der Digitalisierung auf die betrieblichen Fehlzeiten

Prof. M. Beckmann, J. Starzetz

Personal und Organisation

Ziel des Projektes
Unternehmen können nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen, weil eine beträchtliche Anzahl an Mitarbeitern der Arbeit fernbleibt. In den letzten Jahren haben sich vor allem psychische Erkrankungen zu einem Problem entwickelt, weil sie einen immer grösser werdenden Anteil der arbeitenden Bevölkerung betreffen und damit zu Produktivitätsverlusten und weiteren Kosten durch Fehlzeiten führen. Gleichzeitig nutzen schon seit einigen Jahren immer mehr Unternehmen digitale Technologien in ihrer täglichen Arbeit. Arbeitnehmer werden mit mobilen Geräten wie Smartphones, Tablets und Laptops ausgestattet und bedienen moderne Technologien, die im Rahmen von Digitalisierungsstrategien in Arbeitsprozesse integriert wurden. Der verstärkte Einsatz solcher Technologien soll häufig die Produktivität eines Unternehmens steigern und relevante Kosten senken. Durch den Gebrauch digitaler Technologien am Arbeitsplatz können sich die Arbeitsweise und grundlegende Tätigkeiten von betroffenen Mitarbeitenden stark verändern, was sich auf deren (psychische) Gesundheit, deren Einstellung zu ihrer Arbeit und somit auf die betrieblichen Fehlzeiten auswirken kann. Gegenstand dieses Forschungsprojekts ist die Frage, ob und inwieweit die Nutzung digitaler Technologien die betrieblichen Fehlzeiten beeinflusst und was die Gründe dafür sind. Theoretisch ist die Frage ob der Nettoeffekt der Nutzung neuester digitaler Technologien auf die betrieblichen Fehlzeiten positiv oder negativ ist offen und ihre Beantwortung bedarf einer umfassenden empirischen Untersuchung. 

Im Rahmen dieses Projektes werden Umfragedaten des Linked Personnel Panels (LPP) sowie des IAB Betriebspanels ausgewertet. Neben der Schätzung der direkten Effekte von digitalen Technologien auf betriebliche Fehlzeiten gilt es ausserdem, einen Einblick zu bekommen, wie einzelne Konsequenzen der Digitalisierung wie beispielsweise Multitasking, physische Entlastung und Automatisierung auf betriebliche Fehlzeiten wirken. Ergebnisse dieser Untersuchungen sind für Managemententscheidungen relevant, da sie die Wirkungsweisen digitaler Technologien beleuchten und Aufschluss darüber geben, durch welche Art von Massnahmen betriebliche Fehlzeiten reduziert werden können. 


Realisierte Schritte
Das Projekt wurde im Frühjahr 2020 mit einer umfangreichen Literaturrecherche begonnen. Ausserdem wurden die oben genannten Datensätze aufbereitet und erste ökonometrische Schätzungen durchgeführt. Die ersten ökonometrischen Schätzungen müssen im nächsten Schritt noch ausgiebig geprüft und ggf. bei einem weiteren Forschungsaufenthalt am IAB in Nürnberg verfeinert werden. In diesem Zusammenhang sind noch weitere Untersuchungen durchzuführen, die Aufschluss darüber geben sollen, weshalb der gefundene Effekt positiv ist und wie genau sich einzelne Konsequenzen der Digitalisierung auf betriebliche Fehlzeiten auswirken. In der Zwischenzeit wird ein Working Paper verfasst und die Vorstellung der ersten Ergebnisse auf Konferenzen angestrebt.


Ergebnisse
Vorläufige Ergebnisse liegen bereits vor, die vornehmlich einen positiven Effekt, also mehr durchschnittliche krankheitsbedingte Fehltage der Beschäftigten bei verstärkter Nutzung digitaler Technologien, höherer Investitionsaktivität in IT sowie technischen Anlagen auf dem neusten Stand, darstellen. Darüber hinaus haben wir uns bereits mit der Endogenitätsproblematik der unabhängigen Variablen beschäftigt und unter Zuhilfenahme der «Bracketing Property» von Fixed Effects und Lagged Dependent Variable-Modellen einen Lösungsansatz entwickelt. Ausserdem wurde die Robustheit der Ergebnisse bereits geprüft. Unterschiedlich spezifizierte unabhängige Variablen bestätigen dabei den positiven Effekt auf betriebliche Fehlzeiten. Auch hinsichtlich der Auswirkungen der Konsequenzen der Digitalisierung auf betriebliche Fehlzeiten liegen bereits erste Ergebnisse vor, die einen detaillierteren Einblick in die Wirkungsweise von digitalen Technologien am Arbeitsplatz ermöglichen.


Publikationen/Präsentationen und Konferenzen 
Angestrebt wird ein Forschungsartikel für eine wissenschaftliche Zeitschrift. Ausserdem wird das Forschungspapier als Konferenzbeitrag bei der COPE 2022 in Aarhus vorgestellt. Darüber hinaus ist geplant, das Projekt als Konferenzbeitrag bei weiteren Konferenzen einzureichen.